Der raue Norden – Allein unter Indern in Ahmedabad

29 11 2011

Am Freitag, den 25.11. verließen wir endgültig den Süden Indiens und flogen von Bangalore nach Ahmedabad, welches mit 4,52 Mio Einwohnern die grösste Stadt des weniger touristischen Bundesstaates Gujarat ist. Im Süden wurden uns schon eine Menge Geschichten über den rauen Norden Indiens erzählt. Es solle dort noch voller und hektischer sein, die Leute versuchen viel stärker als im Süden, die Touristen abzuzocken. Die Traditionen seien strenger und das Kastensystem noch ausgeprägter als im Süden. Wir waren also gespannt was uns erwarten würde und hielten die Tasche mit den Wertsachen noch fester als sonst umklammert, als wir das Flughafengebäude verließen. Mit einem Taxi ging’s wie immer zunächst zum Hotel, was diesmal wieder eine gute Wahl war. Und wie so oft liefen wir erst einmal drauf los, um die nähere Umgebung des Hotels zu erkunden und die fußläufigen Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Der Spießroutenlauf begann also von neuem und anders als bisher war, dass in Ahmedabad tendenziell eher weniger Touristen anzutreffen sind (während unseres zweitägigen Aufenthalts sind wir gerade mal drei Westlern auf der Straße begegnet) und wir von allen Seiten wie bunte Hunde angestarrt wurden.  Daran muss man sich erstmal gewöhnen! Lustig ist auch, dass man hier ganz oft gefragt wird, ob jemand ein Foto mit uns machen darf. Am Anfang haben wir uns etwas gesträubt, aber dann entschieden, dass es nur fair ist, wenn uns die Inder auch ablichten dürfen, denn wir machen es ja genauso mit ihnen. Wir machen uns dann einen Spaß daraus und antworten: „Wenn Du mir 50 Rupies gibst, darfst du ein Foto machen.“ So läuft das ja auch andersrum. Ab und an wird man aber auch ohne zu fragen ganz ungeniert abgelichtet, das ist dann nicht mehr so nett. Aber wir nehmen es mit Humor und auch Geduld, wenn eine gesamte Familie einzeln mit uns aufs Bild will und so schonmal ein paar Minuten vergehen, bis alles im Kasten ist :-).
Die Sehenswürdigkeiten in der Altstadt Ahmedabads wurden im Reiseführer  hoch angeprießen, haben uns letztlich jedoch leider enttäuscht. Vieles war total heruntergekommen und weniger spektakulär, als beschrieben. Somit kehrten wir am ersten Tag wenig beeindruckt (Anmerkung Robbe: ohne Fotos!!! 🙂 ) und einfach nur müde ins Hotel zurück. Der zweite Tag in Ahmedabad entschädigte uns allerdings komplett für den Ersten! Wir nahmen uns ein TukTuk mit Führer, um weiter entfernte Sehenswürdigkeiten zu erkunden und fuhren zuerst zu einem Stufenbrunnen – Dada Hari Wav. Beeindruckend! Dada Hari Wav ist eine Brunnenanlage, die 1499 errichtet wurde. Man steigt ca. 4 Ebenen nach unten, bis man einen kleinen, achteckigen Brunnen erreicht ( der im Moment jedoch ausgetrocknet ist). Selbst an den heißesten Tagen ist es unten kühl und irgendwie gespenstisch. Auch hier wieder weit und breit keine Touristen bis auf ein indisches Pärchen, was nach uns den Abstieg wagte. Gleich nebenan befindet sich eine Moschee, wo uns ein kauziger, zahnloser Alter zuerst herumgeführt und im Anschluss stolz ein Bündel Geldscheine aus aller Welt gezeigt hat. Den Wink mit dem Zaunspfahl haben wir verstanden und ihm auch ein paar Rupies in die Hand gedrückt.
Danach ging’s zum Sabarmati-Ashram, der während des indischen Unabhängigkeitskampfes das Hauptquartier Mahatma Ghandis war. Die Ausstellung zu Ghandis Leben und Weltanschauung war beeindruckend und viele seiner Zitate sind noch heute brandaktuell!  Letzte Station unserer TukTuk-Rundfahrt war der Kankaria-See, ein künstlicher See mit Minieisenbahn, Zoo und Essenständen. Wohl mehr als die Tiere im Zoo wurden wir von allen Seiten beäugt – kein Wunder, denn wir waren weit und breit wieder mal die einzigen Weißhäutigen. Aber nicht, das falsche Vorstellungen aufkommen: Die meisten Leute sind freundlich und wohlgesonnen, es wird gegrüsst, das typischen indische Kopfnicken angewandt und gelächelt – wir haben uns immer wohl und sicher gefühlt! Danach ging’s zurück zum Hotel und zum krönenden Abschluss unseres Ahmedabad-Besuches am Abend auf die wunderschöne Dachterrasse des besten Restaurants der Stadt, wo wir ein leckers Thali-Menü genossen haben. Thali-Menüs sind rein vegetarische Menüs, die aus vielen verschiedenen herzhaften und süßen Speisen in kleinen Portionen bestehen, die zusammen serviert werden. Dazu gibts Roti oder Nan (beides Brotsorten) und Reis. Thalis sind typischerweise „All you can eat“ Gerichte, dh die Kellner kommen immer wieder mit ihren gußeisernen Töpfen vorbei und füllen die kleinen Schalen solange auf, bis man das Gefühl hat zu platzen 🙂 Aufgrund der Vielfalt der Geschmacksrichtungen eines Thali-Menüs könnten wir es nicht wie andere indische, mittlerweile Leibgerichte jeden Tag essen, aber in Ahmedabad war es in jedem Fall sehr lecker!
Zum Abschluss noch einige interessante Fakten zum Bundesstaat Gujarant: Die meisten Menschen hier sind strenggläubige Jainisten, die glauben, dass Erlösung durch die völlige Reinheit des Geistes erreicht werden kann. Dabei ist Rechtschaffenheit und absolute Gewaltlosigkeit gegenüber allem Lebenden im Denken und Handeln von großer Bedeutung. Streng gläubige Jainisten haben  daher nur ein Minimum an Besitztümern, darunter einen Besen, mit dem sie den Weg vor sich kehren, um ja nicht auf ein Lebewesen zu treten, und ein Stück Tuch vor dem Mund, um nicht versehentlich ein Lebewesen einzuatmen. Klingt für uns befremdlich, ist aber Realität in Indien. Aufgrund der Religionsangehörigkeit sind in Gujarat 90% der Menschen Vegetarier und es gibt (leider, leider :-)) ein Alkoholverbot….Wir haben zwar gelesen, dass es irgendwie möglich sein soll, eine Genehmigung zu kaufen, Alkohol in bestimmten Läden zu erwerben, aber unser Thali mussten wir dann leider ohne ein schönes Glas Wein oder Bier genießen.
Trotzdem gings danach satt und zufrieden zum Bahnhof, wo uns der Nachtzug in einem abschließbaren Abteil mit Betten nur für uns in 9 Stunden weiter Richtung Norden nach Udaipur brachte. Wir hatten zwar das Abteil mit der am lautesten dröhnenden Klimaanlage erwischt und wurden regelrecht durchgeschüttelt auf unseren Pritschen, aber kamen wesentlich entspannter als in der Sleeper Class pünktlich um 8 Uhr am nächsten Morgen im wunderschönen Udaipur an! Dazu bald mehr…

Coming next: Wunderschönes Udaipur!

P.S. Den Ersten, der hier auch mal was kommentiert, bringen wir was Schönes von der Reise mit! Also loooooss!!! 😉



Stadt der Bohne – Bangalore

26 11 2011

Am Mittwoch, den 23.11. verließen wir Kerala und flogen am Nachmittag nach Bangalore, das etwas weiter nördlich im Landesinneren, jedoch immer noch im Süden Indiens liegt. Die Stadt ist die Hauptstadt des Bundesstaats Karnataka, hat momentan 5,7 Mio Einwohner und befindet sich auf 920 Metern Höhe. Sie gilt als IT-Hochburg und als die Stadt mit der höchsten Lebensqualität Indiens. Der Name Bangalore oder Bengaluru bedeutet wörtlich „Stadt der gekochten Bohnen“: Einer Legende nach soll eine alte Dörflerin einmal einen hungrigen Hoysala-König, der sich hierher verirrt hatte, gekochte Hülsenfrüchte gereicht haben.
Wir waren also sehr gespannt auf die moderne „Stadt der Bohne“ und auch direkt positiv vom brandneuen Flughafen und dem bequemen Shuttle-Bus in die Stadt angetan. Auf dem Weg zu unserem Hotel nahe der MG Road (=Mahatma Gandhi Road) schlug allerdings wieder das allgegenwärtige Verkehrschaos zu und auch rechts und links der Straße beobachteten wir das typische indische Gewusel – also zunächst mal alles wie immer! Übrigens: Es ist nicht falsch, sich in einer indischen Stadt nahe der MG Road ein Hotel zu suchen. In so gut wie jeder Stadt hier gibts eine Straße die diesen Namen trägt und zweitens ist diese Straße meistens im Zentrum gelegen und bietet einiges an Shopping- und Essensmöglichkeiten.
Wir checkten im Hotel „The Infantry“ ein mit hohen Erwartungen, da das Hotel im Internet super Bewertungen hat. Als wir einen Blick ins Zimmer warfen, trauten wir jedoch unseren Augen nicht: Total alt, heruntergekommen, dreckig und so gar nicht wie auf den Fotos, die wir uns vorher angeschaut hatten. Also zurück zur Rezeption und um ein anderes Zimmer gebeten. Sehr oft haben Hotels teils renovierte, teils unrenovierte Zimmer zu vergeben (und manchmal haben wir das Gefühl, das Rucksackreisende ohne Hemd und Krawatte gerne mal die unrenovierten Zimmer bekommen..). Das mit den unterschiedlichen Zimmerqualitäten innerhalb einer Kategorie ist übrigens nicht nur in Indien so, sondern ganz oft auch in Deutschland (man sollte in jedem Fall um ein anderes Zimmer bitten, wenn das, was man bekommt, nicht dem entspricht, was man vorab zb auf Hotelbildern gesehen hat). Der Typ an der Rezeption stellte sich jedoch erstmal quer und meinte, er hätte kein anderes Zimmer frei. Stornieren ging auch nicht mehr, wir hätten ja nun mal (5min bevor..!?) schon eingecheckt..Nach langem Hin und Her fand sich dann doch noch ein renoviertes Zimmer, welches jedoch nur in einer von zwei benötigten Nächten frei war. Für uns war das ok, zumindest hatten wir damit ein besseres Zimmer für die erste Nacht und nahmen uns vor, für die nächste Nacht ein neues Hotel zu suchen. Nachdem wir nun endlich das Zimmer bezogen hatten, ging’s in ein Restaurant mit Dachterasse in einem Hochhaus (13.Etage) in der Hoffnung, noch ein paar gute Nachtaufnahmen machen zu können. Die Aussicht war allerdings wenig spektakulär (siehe Foto), das Essen dafür umso teurer (wir bezahlten 1900 Rupies, was in etwa 27 Euro entspricht und das bisher teuerste Abendessen überhaupt in Indien war. Zum Vergleich: Meistens bezahlen wir für ein Essen mit Getränken um die 300 bis 600 Rupies = 4 bis 9 Euro für beide).  Und dann war’s auch noch regelrecht kalt auf der Terrasse (Bangalore liegt ja relativ hoch und die Nächte kühlen auf unter 20 Grad ab. Da oben war es zudem noch windig, sodass wir nach zwei Wochen tropischer Hitze das erste Mal gefröstelt haben – von den auf gefühlte 5 Grad heruntergekühlten Bussen mit Klimaanlage mal abgesehen).
Am nächsten Morgen buchten wir dann noch schnell ein anderes Hotel und fuhren auch direkt hin. Dort angekommen mit der Info, wir hätten soeben über Internet ein Zimmer gebucht (und auch bezahlt) meinte der Typ an der Rezeption, das kann nicht sein, denn sie haben keine Zimmer mehr frei und die Info im Netz, es seien noch Zimmer verfügbar ist falsch. Wir meinten daraufhin, dass das nicht unser Problem ist, denn wir haben ja eine Bestätigung erhalten und zudem schon direkt per Kreditkarte bezahlt. Nachdem man uns eine halbe Stunde warten lassen hat (Welcome to India.. aber wir haben ja Zeit und nahmen es gelassen), gabs dann plötzlich doch noch – welch Wunder – ein Zimmer für uns, sogar mit riesigem Bett und kostenlosen Wifi. Also nochmal alles gut gegangen und wir konnten endlich zum Sightseeing aufbrechen. Die Fahrt mit dem TukTuk durch die Stadt hat jedoch keinen Spaß gemacht, da wahnwitziger Verkehr und höllische Abgase. Wohingegen in Südostasien viele mit Atemmaske im Straßenverkehr unterwegs sind und es auch richtige Kampagnen seitens der Regierung gibt, ist das noch nicht bis nach Indien vorgedrungen. Es ist wirklich gesundheitsschädlich, hier jeden Tag den Qualm einzuatmen, uns wird schon von einer kurzen Fahrt leicht schlecht und wir bekommen Kopfschmerzen. Es gibt Menschen hier, die wohl fast ihr ganzes Leben am Rande der Straße verbringen… Und auch in Bangalore haben wir wieder Männer gesehen, die sich für ein Nickerchen auf dem gerade mal einem Meter breiten Bürgersteig an der Auffahrt zu einem Highway gelegt haben, wo pro Minute bestimmt Hunderte wie wild hupende Fahrzeuge vorbei rasen. Absolut verrückt, das ist echt nicht zu verstehen.
Aber zurück zum Sightseeing: Wir besuchten den Bengaluru-Palast, der dem Schloß Windsor nachempfunden ist und in dem früher der Maharadscha gelebt und zu Bällen und Empfängen eingeladen hat. Danach ging’s zum Palast Tipu Sultans und zum wuseligen städtischen Markt, wo man sich fragt, wie die Einheimischen dieses Chaos und den Lärm täglich aushalten. Hier in Indien ist es extrem anstrengend, einfach so durch die Straßen zu schlendern, weil es total voll ist, von vorn und hinten TukTuks, Mopeds und Autos kommen und man höllisch aufpassen muss, nicht an- oder überfahren zu werden (Fußgänger sind die schwächsten Glieder in der „Verkehrskette“, und gebremst wird schonmal gar nicht). Bürgersteige gibt es zwar ab und an aber die werden eigentlich nicht benutzt bzw. sind mit Marktständen, schlafenden Menschen oder sonstigem belegt.
Trotzdem erhielten wir in Bangalore noch einmal einen guten Einblick in das indische Straßenleben und die Märkte, haben dafür aber nur wenig vom modernen Bangalore mitbekommen, was sich allerdings auch eher an den Stadträndern befindet (dort sind die großen IT Parks angesiedelt, die quasi eine „Stadt in der Stadt“ sind – zb der Campus der Firma infosys: parkähnlich angelegt, mit Banken, einem Supermarkt, Restaurants, einem Hotel und die Mitarbeiter bewegen sich mit Fahrrädern oder elektrischen Golfbuggies von einem Gebäude zum nächsten). Im Zentrum Bangalore’s gehts auf jeden Fall überwiegend typisch indisch und weniger modern zu, als wir dachten.
Leider war unser Aufenthalt hier auch nur sehr kurz, denn am Freitag, den 25.11. gings morgens schon wieder weiter in den Norden Indiens. Bangalore ist im jedem Fall eine sehr freundliche aber auch unglaublich volle und stressige Stadt, in der es sicher noch viel mehr zu entdecken gibt!

Coming next: Der raue Norden. Erste Station – Ahmedabad



Happy?! Kerala’s Backwaters

24 11 2011

Ein weiteres bzw. DAS Highlight Keralas sind die Backwaters, ein Netz aus 900km Wasserstraßen, das die Küste säumt und bis weit ins Landesinnere reicht. Bevor es Straßen gab, waren diese Gewässer die Hauptverkehrswege im Bundesstaat und werden noch heute von den Dorfbewohnern genutzt, zumal viele Dörfer, die an den Backwaters liegen, nach wie vor nicht über eine Straße zugänglich sind. Unser Ausgangspunkt für die Tour in die Backwaters war das Dorf Allapuzha, welches ca 50 km südlich von Kochi liegt. Wir fuhren dorthin mit einem öffentlichen Bus und mieteten uns bei Ashtamudis Homestay ein. Robbe wurde vom Hausherrn – von uns liebevoll Ashta genannt 🙂 – direkt mit Umarmung begrüsst. Ashta ist ein lustiger Kerl, der sich herzlich um seine Gäste bemüht. Unseren ursprünglichen Plan, die Backwaters mit einem Hausboot zu befahren, verwarfen wir also letztlich. Das hatte mehrere Gründe: Das Mieten eines Hausbootes kann schnell mal der teuerste Posten einer Indien-Reise werden und wir müssen leider ein bisschen mehr als bei einer dreiwöchigen Reise auf unser Budget achten. Außerdem kann man mit den teilweise mehrstöckigen Hausbooten nur die großen Kanäle befahren, wobei die kleinen Wasserwege definitiv die schönsten sind, denn hier bekommt man vom Leben der Dorfbewohner am Rande der Flüsse am meisten mit. Und so eine dekadente Hausbootfahrt kann man sich auch getrost aufheben bis man mit 50, 60 Jahren mehr Kohle hat (man hat auch kaum junge Leute auf den Booten gesehen, wobei die Teile schon imposant waren, voll ausgestattet mit Klimanlagen, mehreren Kabinen, Terassen, Flachbildschirmen und und und). Wir entschieden uns am Ende sogar für das absolute Kontrastprogramm, nämlich für eine Tagestour mit einem umweltschonenden weil handbetriebenen Kanu – inkl. Captain versteht sich :-).  Unserer hiess Anil, hat leider kaum englisch gesprochen, uns aber aller halbe Stunde gefragt: Happy?. Am Anfang habe ich  immer „Papi“ verstanden, dachte er meint Robbe damit und hab mich schon gewundert, warum Robbe immer brav „yes of course“ antwortete. Aber irgendwann hab ich es auch verstanden und stimmte mit ein. Sein „Happy?“ klang aber auch so süss und unsere Zustimmung war alles andere als gelogen, denn die Backwaters sind einfach herrlich und es ist beeindruckend zu sehen, wie die Dorfbewohner im Fluss ihre Wäsche, Geschirr und sich selbst waschen, Fische ausnehmen, Kinder erziehen usw. Bedenklich ist jedoch, wie stark das Wasser mittlerweile durch die vielen Boote verschmutzt ist und wenn man sieht, mit welcher Ölschicht das Wasser teilweise bedeckt ist, hofft man, dass die Menschen beim baden nicht allzu viel davon schlucken. Dass der Mund damit ausgespült wird ist jedenfalls  Gang und Gebe. Um so mehr wünschten wir uns, dass das Essen, welches wir am Nachmittag im Haus des Captains aufgetischt bekamen (seine Frau hat gekocht), nicht mit dem Flusswasser zubereitet wurde. Geschmeckt hat es in jeden Fall, aber könnte leider auch der Grund für Robbes Magen/Darm-Probleme gewesen sein, die den Armen zwei Tage später ganz schön leiden lassen haben ;-). Trotzdem: Die beiden waren ganz süss und wir durften uns am Ende des Tages in ihrem Gästebuch verewigen. Leider haben beide wie schon geschrieben nur sehr wenig englisch gesprochen, obwohl wir doch so viele Fragen hatten..Aber mit Händen und Füssen ging es auch und es war auf jeden Fall ein Erlebnis, das Leben der Menschen in den Backwaters live zu erleben.
Heute, am Mittwoch, den 23.11. gehts am Nachmittag von Kochi aus mit dem Flieger nach Bangalore, der IT Hochburg Indiens. Wir sind gespannt!

Coming Next: Bangalore



Kochi in Kerala und unser persönlicher Prabaker

23 11 2011

Mittlerweile sind wir im südlichen Indien angekommen, genauer gesagt im Bundesstaat Kerala, der sich entlang der Südwest-Küste erstreckt. Bevor wir jedoch  zu unseren Erlebnissen hier kommen, möchten wir Euch noch kurz von der Nachtfahrt mit dem Zug berichten, der uns am Freitag, den 18.11. von Goa (der Abschied fiel uns wahrlich nicht leicht) nach Kochi brachte. Um es kurz zu machen: Es war schrecklich! Dummerweise hatten wir uns vorher nicht richtig über die verschiedenen Zugklassen informiert und nichtsahnend die Sleeper Class gebucht, wobei wir uns schon gewundert haben, warum wir für eine 850 km weite Zugfahrt nichtmal  10 Euro pro Person zahlen mussten.  Von Goa ging’s dann also mit einstündiger Verspätung um 20.30 Uhr los und schon auf den Bahnsteig kam es uns komisch vor, dass die Wagen unserer Klasse fast am Ende des Zuges waren, wohingegen die wenigen anderen Touris vorn eingestiegen sind. Wie auch immer, wir stiegen also ein und unser erster Gedanke war: Viehtransport! Es war wirklich ekelig, total dreckig, versifft, hat nach Pinkel gestunken, umgeben von vor allem indischen Männern, die dich anstarren. Ich (Heike) hab echt gedacht das überleb ich nicht. Robbe war da schon etwas entspannter, aber nichts desto trotz war er auch froh, als wir die beiden noch kommenden Zugnachtfahrten auf bessere Klassen umbuchen konnten. Eigentlich hatten wir uns vorgenommen, auch widrigen Umständen zu trotzen und auch mal so wie die Einheimischen zu reisen, aber das war dann doch hart an der Grenze. Wir haben die 14,5 stündige Zugfahrt letztlich überstanden, aber eine Erfahrung dieser Art reicht vollkommen aus ;-)!
Das Umbuchen der noch verbleibenden Zugtickets war ebenfalls eine Story für sich: In Kochi sind wir also zum Reservierungsbüro gegangen und es fängt hier in Indien schonmal damit an, zu einem Schalter oder ähnlichen überhaupt vorzudringen. Die Inder drängeln wo sie nur können, da ist deutsche Ordnung a la „Wo ist das Ende der Schlange?“ völlig unangebracht; und körperliche Nähe sollte man in diesen Momenten auch nicht scheuen, sonst kommt man nie an die Reihe. Unsere vergeblichen Bemühungen, überhaupt den Mann hinter dem Schalter zu erreichen, hat dann auch ein Inder bemerkt und bot uns sogleich seine Hilfe an, naja – eigentlich hat er sie uns eher aufgedrängt und ist uns nicht mehr von der Seite gewichen. In dem Moment waren wir zugegebenermaßen froh darüber, ahnten aber schon, dass das nicht ohne Gegenleistung über die Bühne gehen wird. Und so war es dann auch, nachdem wir unsere Tickets in den Händen hielten, wollte er uns unbedingt seinen Handicraft-Shop  zeigen. Wir wollten höflich sein und gingen also mit. Dann saßen wir da zwischen handgemachten Bettüberdecken, Schmuckkästchen und allerlei anderer Souveniers und der Typ starrte vor allem mich die ganze Zeit an und verteilte zum Abschied auch noch Küsschen… Am Ende stellt sich raus, dass wir ihn zum essen einladen sollten. Grundsätzlich würden wir das ja auch mal machen, aber dieser Typ war seltsam und vor allem irgendwie anzüglich. Nicht die erste Geschichte dieser Art, die wir erlebt haben; und wieder die Bestätigung, dass Hilfeleistungen eigentlich nie ohne Gegenleistung funktionieren.

Nun aber zum eigentlichen Thema,  unser Besuch in Kochi. Wir haben zwei Tage in Kochi oder Cochin verbracht, welches sich über mehrere Inseln und Halbinseln erstreckt. Fort Cochin ist dabei der touristisch interessanteste Teil, wo sich die meisten Sehenswürdigkeiten befinden. Wir haben dort am ersten Tag eine kleine Tour mit einem TukTuk gemacht und hatten einen sehr netten Führer, der uns allerlei über Kerala, Südindien und die Unterschiede zum Norden berichtet hat. Irgendwie hat uns der Kollege, dessen Namen wir uns leider nicht gemerkt haben, an Prabaker aus dem Buch Shantaram erinnert, wo es auch darum geht, dass ein Westler von einem kleinen Inder in die indischen Lebensgewohnheiten eingewiesen wurde (ihr verzeiht den Vergleich, aber das Buch hat bei uns bleibenden Eindruck hinterlassen….) Mit unserem Prabaker fuhren wir also die wichtigsten Sehenswürdigkeiten Fort Cochins an. In Kochi sind im Laufe der Zeit die unterschiedlichsten Völker gelandet, die Portugiesen, Engländer, Holländer, Chinesen. Es gibt alte Häuser im Stil eines englischen Dorfes, Villen die von den Portugiesen und Niederländern erbaut wurden, alte chinesische Fischernetze und die älteste von Europäern erbaute Kirche Indiens. Zu finden sind auch viele Galerien, nette Cafés, Restaurants und Stände, die frische Meeresfrüchte anbieten, ein jüdisches Viertel und viele Gewürzmärkte. Es geht hier relativ entspannt zu im Vergleich zu den normalen indischen Verhältnissen, sodass man hier gut einige Tage verbringen kann.
Aufgrund der strategisch günstigeren Verkehrsanbindung haben wir zwar im Stadteil Ernakulam genächtigt, sind aber an beiden Tagen mit der Fähre bzw. TukTuk nach Fort Cochin gefahren und haben den historischen Flair des Viertels genossen.



Beautiful Goa!

22 11 2011

Am Samstag, den 12.11. flogen wir um 15.30 Uhr mit IndiGo nach Dabolim im Bundesstaat Goa. Nach einstündigem, entspannten Flug erwartete uns am Flughafen bereits unser Fahrer, der uns zur zuvor in Mumbai gebuchter Bungalow-Anlage monsoon in Süd-Goa bringen sollte. Die Fahrt dauerte 1,5 h und nach Sonnenuntergang erreichten wir das von einem Deutschem geführte Ressort direkt am Strand. Wir hatten zuvor recherchiert, welcher Strand in Goa empfehlenswert ist und unsere Wahl fiel auf die Agonda Beach im Süden, der laut Reiseführer noch der ruhigste, idyllischste Ort in Goa ist. Der Bundesstaat Goa – übrigens der Kleinste Indiens – lässt sich grob in Nord-, Mittel- und Südgoa unterteilen. Wer Party, Wassersportmöglichkeiten und gut besuchte Strände bevorzugt, sollte eher den Norden wählen. Dort findet man wohl auch noch die Überreste der legendären Tranceszene, von der wir bis auf ein paar Althippies an unserem Strand nichts mitbekommen haben. Die Strände im mittleren und südlichen Goa sind eher ruhig und beschaulich – also ganz nach unserem Geschmack. Die Wahl der Bungalowanlage machten wir wie so oft zuvor von den Bewertungen bei tripadvisor abhängig und hier steht monsoon momentan auf Platz 1 der Hotels in Agonda. Irgendwie hat man ja auch ein gutes Gefühl, wenn man sich in eine von einem Deutschen geführte Anlage einbucht. Als wir im monsoon ankamen, machte sich bei uns jedoch erstmal Ernüchterung breit, denn die Begrüßung durch Dirk, dem Chef, war weniger freundlich. Obwohl wir eine Hütte direkt am Strand gebucht hatten, die uns auch bestätigt wurde, bekamen wir eine in zweiter Reihe. Als wir nett darum baten, umzuziehen, sobald eine Strandhütte frei wird, meinte er nur, wir sollten froh sein dass wir überhaupt noch ein Bett bekommen haben bei der kurzfristigen Buchung! Auch auf alle anderen unserer Fragen reagierte Dirk eher genervt und unfreundlich. Wenn die Anlage und die Hütten selbst nicht so schön und vor allem günstig gewesen wären, hätten wir uns sicher überlegt, in eine andere Anlage umzuziehen. Aber wir entschieden dann doch die komplette Zeit im monsoon zu bleiben, da das restliche Team (vor allem junge Nepalesen) super nett, das Essen lecker und die Anlage selbst wirklich schnuckelig war. Ab und an hatten wir sogar WLAN auf unserer Strandhüttenterasse, wenn Dirk nicht gerade eine seiner erzieherischen Maßnahmen durchführte und das Modem genau dann ausschaltete, wenn wir unsere Laptops rausholten. Ein seltsamer Typ war das, irgendwie so typisch deutsch….;-)
Der Strand an sich ist wunderschön, breit und überhaupt nicht überlaufen. Das Wasser war zwar eher unruhig aber badewannenwasser-warm, im Hintergrund Palmen und üppiges Grün. Abends kurz vor Sonnenuntergang, wenn wir uns zu unserem täglichen Strand-Spaziergang aufmachten, um wenigstens einige Kalorien vom Kadai-Paneer (Rahmkäse in gut gewürzter indischer Soße mit Chapatti, Robbes absolutes Lieblingsgericht hier) loszuwerden, trafen wir am Strand auf Kuhherden, Kricket-spielende Inder, Möchtegern-Hippies in neongelben Tangas und auf die wenigen anderen Touris, die es hier her verschlagen hatte. Besonders schön fanden wir, dass die Touris die Einheimischen nicht gänzlich vom Strand vertrieben haben, wie es in so vielen anderen vor allem asiatischen Touristenhochburgen der Fall ist, sondern dass sich am Abend  beide Gruppen den Strand teilen und auch mal Inder mit Weißen ne Runde Kricket spielen (logisch, dass die Inder nicht so verrückt sind, sich wie die Touris bei 30 Grad im Schatten in die Mittagshitze zu legen..). Wir empfanden das Leben in Goa sehr ursprünglich und entspannt, was wir auf unseren Reisen zB nach Thailand häufig vermisst haben.
Die sieben Strandtage gingen äußerst relaxt vorüber und wir haben die meiste Zeit gelesen, geschlafen und gegessen :-). Einziges berichtenswertes Highlight ist noch der Roller, den wir uns für einen Tag ausgeliehen haben, um die nähere Umgebung zu erkunden. Wir fuhren zu einem Strand weiter südlich und aßen lecker frisch gefangene Krebse (siehe vorher/nachher Fotos… Und ja, uns haben die Viecher auch leid getan, aber die schmecken einfach unglaublich lecker). Die Fahrt dorthin führte uns durch eine bezaubernde, idyllische Landschaft mit grasenden Kühen und Wasserbüffeln, üppigem Grün, breiten Flüssen und netten Leuten.

Unser Fazit: Goa ist traumhaft und definitiv eine Reise wert! Wer wie wir eher auf ruhige, ursprüngliche Strände steht abseits der Tourimassen und Riesen-Hotelanlagen ist hier richtig. Eine klare Reiseempfehlung von unserer Seite!

Coming next: Kerala und die Backwaters



Los gehts in .. Mumbai!

14 11 2011

Nun endlich gibt’s was zu lesen von uns – schon nach einer Woche fernab von Arbeit und Büro muss man sich ganz schön disziplinieren, den Rechner rauszuholen und in die Tasten zu hauen. Aber wir wollen unsere Erlebnisse natürlich auch festhalten und teilen, sodass wir uns heute – am zweiten Strandtag in Goa – etwas eher aus unseren Liegestühlen erhoben haben und unsere von der Sonne und Hitze vernebelten Gedanken für den ersten Bericht sortieren :-).  Um Mumbai soll es gehen, in welchem unsere Reise begann. Mumbai ist die größte Stadt Indiens, mit einer Bevölkerungszahl von 16,4 Mio auf einer Fläche von 440 km².  60% der Einwohner Mumbai’s leben in Barackenstädten oder Slums! Mumbai ist die Hauptstadt des indischen Bundesstaates Maharashtra und liegt auf sieben Inseln, die mit Brücken verbunden sind. Im Stadteil Colaba gibts die meisten Sehenswürdigkeiten, dieser befindet sich auf dem südlichsten Zipfel der Inseln.
Nach einem entspannten Flug mit Jet Airways (momentan beste indische Fluggesellschaft, die auch internationale Flughäfen bedient – können wir vorbehaltlos weiterempfehlen) von Berlin über Brüssel landeten wir planmässig am 9.11. um 23.30 Uhr in Mumbai. Wir haben ja schon einige Erfahrungen mit dem Ankommen an asiatischen oder afrikanischen Flughäfen, man wird umzingelt von Leuten, die einem äusserst energisch Hotels, Taxis und sonstige Dienste anbieten wollen. Am Flughafen Mumbai ging es ziemlich beschaulich zu, ganz entspannt buchten wir unser Taxi am Prepaid-Taxistand und fuhren zu unserem Hotel, ohne das nervige Abwimmeln von übermotivierten Verkäufern. Im Taxi roch es durchdringend nach indischem Curry – hatte der Taxifahrer etwas für etwaige Staus unter dem Sitz gebunkert? Wir wissen es nicht, aber waren schon voller Vorfreude auf das indische Essen. Unterwegs konnten wir bereits einen ersten Eindruck von der Stadt, und vor allem vom Leben der Ärmsten der Armen, gewinnen. An den Rändern der Strassen – grosser Strassen, lagen aneinandergereiht schlafende Männer, Frauen, Kinder – auf Decken, Pappunterlagen oder auf dem blossen Erdboden, keine drei Meter von den fahrenden und hupenden LKWs und Autos entfernt.
Und der Verkehr in Mumbai – viel schlimmer als erwartet! Wie soll man den am besten beschreiben, um sich das als regeltreuer deutscher Autofahrer vorstellen zu können: Die Strassen chronisch überlastet, anstatt der drei vorgegeben Spuren wird auf mind. fünf gefahren, rechts und links überholt, die meisten Taxis haben nicht mal Außenspiegel (!!) sondern verlassen sich beim Überholen und Einscheren darauf, dass der Nebenmann schon hupt, falls dort einer sein sollte. Die Hupe ist ohnehin das wichtigste Teil am Auto, ohne die geht gar nichts. Es wird gehupt beim losfahren, stehenbleiben, überholen, an einer roten Ampel und und und. Indiens Verkehr ist mit keinem anderen, den wir bisher erlebt haben, zu vergleichen! Die Tage in Mumbai verbrachten wir mit Sightseeing, gutem Essen und damit, unseren Jetlag am Pool auszukurieren. Diesmal können wir es ja wirklich langsam angehen
lassen. Wir besuchten das Gateway of India, einen riesigenTriumphbogen am Hafen, der von den Briten als Zeichen der Eroberung Westindiens erbaut wurde, das Fort-Viertel mit seinen alten Gebäuden im Kolonialstil, aßen im Leopolds Café (legendärer Traveller-Treffpunkt in Colaba, kennt jeder der „Shantaram“ von Gregory David Roberts gelesen hat, für uns das beste Buch über Indien, absolut empfehlenswert!) und ließen uns Rosa- Zuckerwatte beim Sonnenuntergang am Chowpatty Bay schmecken, zusammen mit vielen anderen Indern, die dort die noch einigermaßen frische Meerluft schnuppern wollten. Super interessant war auch das Mahalaxmi Dhobi Ghat, ein 140 Jahre alter Waschplatz, in dem in insgesamt 1026 Zubern Wäsche von Privatpersonen, Hotels und Wäschereien per Hand geschrubbt, geschleudert und getrocknet wird. Ausschließlich von Männern wird diese schwere Arbeit verrichtet und teilweise stehen sie mit bloßen Füssen in von Reinigungschemikalien durchdrängten Becken…
Alles in allem ist unser erster Eindruck von Indien nicht das, was wir erwartet haben: Aufgrund von vielen, naja, doch eher negativen Erzählungen und Artikeln haben wir uns auf das Schlimmste eingestellt, aber vieles, was wir im Vorfeld gehört haben, hat sich nicht bewahrheitet. Die Menschen hier sind äußerst aufgeschlossen und freundlich, es riecht ganz selten mal streng sondern meistens nach leckerem Essen, wie haben noch keine toten Menschen gesehen und in der Öffentlichkeit wird selten das „Geschäft“ verrichtet (wobei wir nach einem Spaziergang durch verwinkelte Gassen an einem Teil des Hafens landeten, wo uns eine Gruppe Inder darauf aufmerksam machte, wir sollten nur nach links schauen, denn rechts sei die Damentoilette. Logisch, dass wir einen kurzen Blick wagten und sahen tatsächlich eine Lady mit nacktem Hintern, der über die Hafenmauer ragte und die gerade dabei war, das Geschäft zielgenau zu platzieren). Was wir jedoch mit eigenen Augen gesehen haben, sind die krassen Gegensätze zwischen Arm und Reich und das Elend der Armen. Mein Gott, wie gut gehts uns als wohlbehütete Europäer! Aber wie so oft ist es auch beeindruckend anzusehen, wie sich diese Menschen ihr Lächeln bewahrt haben und Stolz auf sich und ihr Land sind.
Ihr Lieben Zuhause, wir grüßen Euch herzlich aus der Ferne und halten Euch weiter auf dem Laufenden! Coming next: Goa 🙂 !
Namaste!